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Rheinische Post, Dienstag, 26.09.2000, Stadtpost (Mönchengladbach)
 
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Kampfsportverein braucht Trainingsmöglichkeiten / Antrag bei der Stadt läuft schon seit 16 Monaten
 
„Suchen Sie sich selber eine Sporthalle“
 
Von Dirk Grupe
 
„Sport ist im Verein am schönsten.“ Über diesen Werbeslogan des Verbandes kann Ulrich Sahl nur gequält lächeln. Der Vorsitzende der „Quan Fa Schule“ sucht seit geraumer Zeit Trainingsmöglichkeiten für seinen Kampfsportverein. Vor 16 Monaten hat er bei der Stadt einen Antrag auf Hallennutzung gestellt − erfolglos. Nach endlosen Anfragen verliert er langsam die Geduld: „Ich stelle jetzt einen zweiten Antrag. Danach rät mir mein Anwalt zu einer Säumnisklage.“
 
Vor 16 Monaten beantragt
 
Vor zwei Jahren hat Sahl den Verein, der traditionelles Shàolín [1] praktiziert, gegründet. Nach kostspieligem Training in einem Fitness-Studio wendeten sich die Karate-Kämpfer [2] schließlich an die Stadt. „Das war eine Menge Papierkram“, erinnert er sich. Die Resonanz blieb indes aus. Sahl ließ nicht locker, rief jede Woche beim Sportamt an, bohrte nach, ob nicht doch ein Plätzchen frei sei. Die Antworten des Sachbearbeiters waren jedoch wenig tröstlich: „Keine Hallen frei. Suchen sie selber nach freien Kapazitäten“. Also zog Sahl in seiner Freizeit los, öffnete Hallentüren, schaute Kindern beim Turnen zu, sprach mit Trainern und machte dem Sportamt schließlich Vorschläge: „Ich komme in Kürze unaufgefordert auf ihren Antrag zurück“, versprach der Verwaltungsrat. Dieses Versprechen wird der Beamte nicht mehr halten − er ist inzwischen pensioniert.
 
Kampfsportverein ohne Heimat: Ulrich Sahl [3] ärgert das sehr.
 
„Uns fehlen einfach die Hallenkapazitäten“, verteidigte sich der Leiter des Sportamtes, Horst Lentholz im Gespräch mit der Rheinischen Post. Den wahren Stand der städtischen Hallenauslastung kennt das Sportamt aber offensichtlich nur ungenau. Vor langer Zeit sei der Bestand aufgenommen worden. Seitdem reagieren die Beamten nur, wenn ein Verein seine Hallennutzung abmeldet oder eine Gruppe Bedarf anmeldet. Ob allerdings die Volleyball-, Badminton- oder Handballspieler die Räume nach Jahren weiterhin nutzen, ist unklar. „Wir betreuen 200 Vereine mit 60.000 Sportlern. Da können wir nicht jeden Abend in die Hallen rennen und nachsehen, ob die auch wirklich trainieren“, erklärt Lentholz. Die Gefahr ist klar: Leer stehende Hallen, und keiner weiß davon.
 
Die Auflösung droht
 
In Sachen „Quan Fa Schule“ will Lentholz allerdings bald sein Büro verlassen und in Rheindahlen eine Halle in Augenschein nehmen. Allerhöchste Zeit: „Im Sommer haben wir auf der Wiese geübt“, erzählt Sahl, was jetzt natürlich − auch für Kampfsportler − nicht mehr möglich sei. Finde der Verein nach knapp eineinhalb Jahren Suche nicht bald eine Räumlichkeit, drohe bei der nächsten Hauptversammlung die Auflösung.
 
Anmerkungen der „Q“PfeilPfeil
 
1Die Formulierung „traditionelles Shàolín“ ist hier missverständlich. Shàolín war ursprünglich nichts anderes als der Eigenname eines Tempels bzw. seiner Mönche, die Kampfkunst praktizierten. Richtig wäre Shàolínquán bzw. Shàolín Quánfǎ oder auch einfach nur Quánfǎ als Hauptbegriff im Sinne von »Chinesisches Boxen«.
 
2Redakteure schreiben ab und zu schon mal Blödsinn: Richtig wäre „Quánfǎ-Kämpfer“. Karate ist die japanische Bezeichnung „leere Hand“ für eine aus Okinawa stammende Selbstverteidigung und hier schlichtweg falsch.
 
3Auf dem Bild ist nicht Ulrich Sahl sondern Karl-Heinz Zumbroich zu sehen, zu jener Zeit zweiter Vorsitzender und einer der Trainer der Q“; Ralf Thissen assistiert.
 
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